Fallbeispiel Erziehungsbeistand

Hallo, ich bin Laura. In drei Monaten werde ich 16. Mein kleiner Bruder wohnt mit mir und meiner Mutter in unserer kleinen Wohnung. Mein Vater sehe ich alle zwei Wochen am Wochenende.

Mit mir habe ich oft große Schwierigkeiten. Mich so zu mögen wie ich bin, fällt mir schwer. Dass sich meine Eltern vor zwei Jahren getrennt haben und wir in einen anderen Stadtteil gezogen sind, war und ist immer noch eine große Herausforderung für mich. Manchmal war ich sehr agressiv meinem Bruder und auch meiner Mutter gegenüber, manchmal bin ich ohne Schule und Abmelden für einige Tage zu meiner Freundin in die Straße, wo wir früher gewohnt haben, gefahren. Es lief einiges Drunter und Drüber. Ich habe öfters überlegt, ob ich lieber in eine angeleitete Wohngruppe ziehen soll, bis ich 18 bin.

Meine Eltern haben dann versucht, mit mir Termine im Jugendamt zu machen. Vor einem halben Jahr habe ich dann zugestimmt, einen Erziehungsbeistand zu bekommen, weil die Idee mit der Wohngruppe für mich nicht mehr in Frage kam.

Der Erziehungbeistand kommt jede Woche für ein oder zwei Stunden zu mir nach Hause. In der Anfangszeit haben wir uns auch öfters draußen oder bei meiner Freundin getroffen. Wir reden hauptsächlich, aber manchmal haben wir auch konkrete Situationen geübt, sind zu einem Gespräch mit meinem Lehrer gegangen oder als ich zu aufgekratzt zum reden war, sind wir im Stadtpark joggen gewesen. Er redet auch ab und zu mit meiner Mutter oder meinem Vater, einmal auch mit uns dreien zusammen, die wir in unserer Wohnung wohnen. Zwischendurch kann ich ihn tagsüber anrufen, wenn ich denke, dass ich seine Hilfe dringend brauche.

Es ist natürlich eine freiwillige Hilfe, sie kann jederzeit verändert oder beendet werden. Allerdings glaube ich, dass das ganze erst Sinn macht, wenn man bereit ist, einige Zeit dran zu bleiben und mit zu machen.
Mittlerweile sagt auch meine Freundin, dass sich bei mir etwas verändert. Ich bin da oft ungeduldig und laufe ab und zu noch von den stressigen Situationen weg. Sie meint, dass braucht noch Zeit und ich muss Geduld haben. In den letzten drei Monaten war ich immer in der Schule und habe dort auch mittlerweile zwei neue gute Freundinnen gefunden. Wenn ich aus der Schule nach Hause komme, ist meine Mutter öfter als früher zum reden da - wenn mir irgendwas schwer fällt oder auch einfach so, z.B. über Jungs oder was am Wochenende war…

Meine Eltern finden das ganz gut so, wie es sich entwickelt hat. Ich hab den Eindruck, dass der Erziehungsbeistand auch meinen Eltern hilft, mit mir umzugehen. Sie sind glaube ich ganz schön froh, dass es nicht zu der Unterbringung in der Wohngruppe gekommen ist.

Aller paar Monate müssen wir alle ins Jugendamt um über meine Ziele zu sprechen, wie es läuft… Daran arbeite ich dann mit meinem Erziehungshelfer. Das ist manchmal ganz schön anstrengend und ich hab auch mal keine Lust, aber ich merke, dass es mich weiter bringt.

Ich denke, dass sich meine Eltern jetzt weniger Sorgen um mich machen und mir wieder mehr zutrauen. Seit kurzem habe ich auch eine Idee, was ich mit meinem Leben mal anstellen möchte: ich will auf jeden Fall studieren – vielleicht Tiermedizin. Und dann später eine eigene Praxis…